Ort Tante Riek
Denkmal zu Ehren von Tante Riek
Sie stehen hier vor dem Denkmal zu Ehren von Tante Riek auf dem Mevrouw Kuipers - Rietbergplein im Herzen Winterswijks. Dieses Denkmal erinnert an das Leben und Wirken einer außergewöhnlichen Frau aus Winterswijk; Heleen Kuipers Rietberg, besser bekannt als Tante Riek. Während des Zweiten Weltkriegs gründete sie die größte niederländische Widerstandsorganisation, die „Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers“, im Volksmund kurz „LO“ genannt. Mit ihrer Organisation half sie 300.000 Menschen unterzutauchen.
Die jungen Jahre
Heleen Rietberg wurde im Mai 1893 als Tochter eines Getreidehändlers geboren. Nach der Grundschule besuchte sie die sogenannte „Hogereburgerschool“ (wörtlich übersetzt: Höhere Bürgerschule), wo Mädchen zu dieser Zeit eher die Ausnahme waren. Nach ihrem Schulabschluss arbeitete sie im Geschäft ihres Vaters. Während dieser Zeit verliebte sie sich in Piet Kuipers, der sie nach Niederländisch-Ostindien, dem heutigen Indonesien, mitnehmen wollte. Der Vater von Heleen konnte seine Tochter jedoch nicht entbehren und so einigten sie sich darauf, dass Piet nicht nach Sumatra ziehen, sondern Partner in Herrn Rietbergs Getreidegeschäft werden sollte. Heleen und Piet heirateten, bekamen insgesamt fünf Kinder und wohnten in der Willinkstraat im Zentrum von Winterswijk. Heleen war ein aktives Mitglied der Kirchengemeinde und gründete einen Ortsverein für reformierte Frauen. Später wurde sie Mitglied des Hauptvorstands des nationalen Frauenbundes und lernte über diese Organisation zahlreiche Menschen in den Niederlanden kennen.
Beginn des Widerstands
In Winterswijk ist zu dieser Zeit ein Lager des niederländischen Arbeitsdienstes (NAD), ähnlich dem Reichsarbeitsdienst, angesiedelt. Hier werden junge Männer zwangsweise für den Arbeitseinsatz in Deutschland ausgebildet. Viele junge Männer wollen dies nicht und suchen deswegen nach einem sicheren Unterschlupf. Heleen hat Mitleid mit diesen Männern und bietet ihnen einen sicheren Zufluchtsort. Sie nutzt ihre Kontakte in der Kirche, um den jungen Männern zu helfen. Die Kinder der Familie Rietberg durchschauen dabei anfangs nicht, warum es bei Ihnen zuhause immer so voll ist. Die Mutter erzählt den Kindern, dass sie an diversen Sitzungen teilnehmen muss.
Frits Slomp und die Gründung der Widerstandsorganisation „LO“
Begegnung mit Pfarrer Frits Slomp
Eines Tages predigt der junge Pfarrer Frits Slomp in Winterswijk. Frits reist unter einem Pseudonym durch die Niederlande und ruft die Menschen zum Widerstand gegen die deutschen Besatzer auf. Piet und Heleen laden den Pfarrer zu sich nach Hause ein und Heleen schlägt vor, eine Organisation zu gründen, die Menschen, die untertauchen müssen, einen sicheren Unterschlupf bietet. Da Frits eh viel unterwegs ist, wird ihm die Aufgabe zuteil, im ganzen Land Ortsgruppen zu mobilisieren. So entsteht die „Landelijke Organisatie voor Hulp aan Onderduikers“ (nationale Organisation zur Hilfe für Untergetauchte), abgekürzt „LO“.
Der Widerstand wächst
Frits, der den Spitznamen "der Landstreicher" trägt, vermittelt Verstecke im ganzen Land. Im Jahre 1943 steigt die Nachfrage nach sicheren Verstecken, da die deutschen Besatzer ehemalige Soldaten auffordern, Kriegsgefangene zu werden. Die Widerstandsorganisation „LO“ bekommt immer mehr zu tun. Lebensmittel wurden zwischenzeitlich rationiert und die dafür erforderlichen Lebensmittelmarken müssen persönlich abgeholt werden. Für Untergetauchte ein Ding der Unmöglichkeit. Aus der Not heraus entsteht ein neuer Zweig innerhalb der Widerstandsorganisation. Die sogenannten LKP, die „Landelijke Knokploegen“ (nationale Kampfgruppen), beginnen damit, die Zuteilungsämter zu überfallen um Lebensmittelmarken zu ergattern.
Heleen und die Widerstandsorganisation „LO“
Heleen hat inzwischen die Leitung der Widerstandsorganisation „LO“ übernommen und ist dafür Tag und Nacht im Einsatz. Gleichzeitig muss sie den Verpflichtungen einer großen Familie gerecht werden. Zudem belastet sie ihr Pflichtgefühl und das Elend, das sie um sich herum sieht. Aufhören kommt für sie jedoch zu keiner Zeit in Frage. Die Widerstandsorganisation wächst immer weiter. Durch ein cleveres Konstrukt gelingt es der Organisation sogar, Geld bei der „Nederlandse Bank“, der niederländischen Staatsbank, zu beschaffen.
Der Verrat
Verraten und untergetaucht
Die Aktivitäten der Widerstandsorganisation in der Winterswijker Willinkstraat geraten immer mehr ins Visier der deutschen Besatzer. Neben seinen Tätigkeiten für die Widerstandsorganisation „LO“ koordiniert Vater Piet die Rettung von abgestürzten Piloten der alliierten Streitkräfte. Sie werden von einem Maulwurf innerhalb der Widerstandsorganisation verraten, einem befreundeten Polizisten gelingt es jedoch, sie rechtzeitig zu warnen. Piet und Heleen bringen ihre Kinder in Sicherheit und fahren anschließend mit dem Zug nach Arnheim. Sie tauchen selbst unter. Die Person, bei der sie Unterschlupf finden, möchte jedoch, dass Piet und Heleen ihre Arbeit für die Widerstandsorganisation sofort einstellen. Ein Ding der Unmöglichkeit für Piet und Heleen. Heleen besorgt gefälschte Personalausweise, danach schlägt jedoch das Schicksal zu. Der Bote, der die Personalausweise überbringen soll, wird verhaftet und wird dermaßen unter Druck gesetzt, dass er verrät, für wen die Personalausweise bestimmt sind.
Im Straflager
Im August 1944 werden Piet und Heleen Kuipers inhaftiert. Da Frauen seltener hingerichtet werden als Männer, nimmt Heleen die ganze Schuld auf sich. Piet wird daraufhin freigesprochen und taucht unter. Heleen wird verhört, verrät jedoch nichts. Sie wird in das Konzentrationslager Herzogenbusch (bei Vught) gebracht. Von hier aus wird sie in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht, wo sie erneut zu einem Vorbild und zu einer großen Stütze für die anderen inhaftierten Frauen wird. Im Dezember 1944 erkrankt sie und infiziert sich auf der Krankenstation mit Typhus. Sie stirbt im Alter von 51 Jahren.
Ehrung
Im Mai 1946 nimmt Piet Kuipers von Königin Wilhelmina das nachträglich an Heleen Kuipers verliehene sogenannte Widerstandskreuz in Empfang. Am 4. Mai 1955 kommt Königin Wilhelmina erneut nach Winterswijk, um im Namen ihrer Tochter Prinzessin Juliana die Statue zu enthüllen, vor der Sie gerade stehen. Sie sehen eine Frau mit einem Reh an ihrer Seite. Das Reh symbolisiert die Verfolgten, die von Frau Kuipers-Rietberg („Tante Riek“) vor der Deportation bewahrt wurden. Das Denkmal zu Ehren von Tante Riek ist eine Hommage an Heleen Kuipers-Rietberg und an alle Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs mit beispiellosem Mut gekämpft und das Leben vieler Menschen gerettet haben.
Jetzt wissen Sie mehr über Tante Riek: Eine mutige Frau, die vielen Menschen geholfen hat und der wir gerne gedenken.